Aurie und der Tod
Aurie saß an ihren Apfelbaum gelehnt und Tränen rannen über ihr Gesicht. Tiefe Schluchzer brachen aus ihr hervor. Heute Nacht war ihre geliebte Großmutter gestorben.
Aurie hatte schon beim Aufwachen bemerkt, dass etwas anders war: es roch nicht wie sonst, nach frisch gekochtem Kaffee und es war unnatürlich still. Normalerweise konnte sie ihre Großmutter in der Küche summen und mit dem Geschirr klappern hören. Heute nicht. Aurie hatte sich im Bett aufgesetzt und sich den Schlaf aus den Augen gerieben. Dabei kamen ihr Teile ihres Traumes aus der Nacht in den Sinn: Ihre Großmutter war zu ihr gekommen und hatte ihre Hand genommen. Sie waren zusammen über eine Wiese gelaufen. Es war warm gewesen, Aurie hatte nur ein leichtes Sommerkleid getragen. Aurie erinnerte sich, dass ihre Großmutter ihr etwas erzählt hatte. Sie hatte sie angemahnt, das nicht zu vergessen. Aurie konnte sich in diesem Moment aber nicht mehr an den Inhalt des Gesprächs erinnern. Dann hatte ihre Großmutter sie in den Arm genommen und lange an sich gedrückt. Aurie hatte ihre Liebe spüren können, die sie ganz umschloss. Dann hatte ihre Großmutter ihr ins Ohr geflüstert, dass sie jetzt gehen müsse. Und sie war über die Wiese hinweg fortgegangen. Aurie hatte ihr fröhlich hinterher gewunken.
Es hatte ihr sehr geholfen, die Hüterin der Träume jeden Abend und jeden Morgen einzuladen. Sie konnte sich viel öfter an ihre Träume, oder zumindest Teile davon, erinnern. Sie fragte sich, was ihre Großmutter ihr so Wichtiges im Traum erzählt hatte.
Während sie noch über ihren Traum nachgedacht und langsam in den Tag gefunden hatte, hatte sie ihren Pulli genommen und war in ihre Hausschuhe geschlüpft. Sie wollte sich zu ihrer Großmutter in die Küche setzen und ihr von ihrem Traum erzählen. In der Küche hatte sie jedoch nicht ihre Großmutter gefunden, sondern nur ihre Eltern. Ihre Mutter war tränenüberströmt in den Armen ihres Vaters gesessen. Sie hatte nichts gesagt, nur die Arme geöffnet und Aurie zu sich gewunken. Sie musste auch nichts mehr sagen. In diesem Moment hatte Aurie gewusst, dass ihre Großmutter wirklich gegangen war. Sie war friedlich eingeschlafen. Aurie war später zu ihr ins Zimmer gegangen und da hatte sie gelegen, mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Sie hatte ausgesehen, als würde sie schlafen. Aber Aurie konnte spüren, dass keine Energie mehr in ihrem Körper war. Ihre Seele war gegangen. Ihre tiefe Liebe konnte Aurie aber weiter ganz intensiv in ihrem Herzen spüren.
Ihre Mutter hatte sie dann hinausgeschickt. Sie wollte nicht, dass Aurie mitbekam, wie ihre Großmutter abgeholt wurde. Und nun saß sie da unter ihrem Apfelbaum und weinte bitterlich. Ihr wurde klar, dass ihre Großmutter ihr nie wieder über die Haare streichen würde, nicht mehr mit ihr beten würde, sie nicht mehr in den Armen halten konnte.
„Aurie.“ hörte sie da Noah sanft sagen.
Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und sah Noah, wie er ihr gegenüber im Gras saß und sie gutmütig anblickte.
„Aurie.“ wiederholte er sanft.
Aurie spürte, wie seine Liebe sie sacht umschloss, sie fühlte sich getragen und langsam fand sie Ruhe in sich und die Tränen ließen nach. Noah saß einfach bei ihr, bis sie tief seufzte und ihn anblickte.
„Meine Großmutter ist heute Nacht gestorben.“ flüsterte Aurie.
„Ich weiß.“ sagte Noah.
„Und ich wusste es.“ sagte Aurie. „Sie hat sich heute Nacht in meinem Traum von mir verabschiedet.“
„Viele Kinder wissen es, bevor jemand stirbt.“ sagte Noah sanft. „Kinder sind noch stärker mit sich selbst verbunden und gleichzeitig auch noch mehr mit den Menschen um sie herum. Sie können spüren, wenn eine Seele sich verabschiedet. Und Du und Deine Großmutter, ihr hattet eine ganz besonders enge Verbindung.“ erklärte ihr Noah.
„Warum müssen Menschen sterben?“ fragte Aurie.
„Das ist der Kreislauf des Lebens, Aurie. Schau in die Natur. Der Rhythmus der Jahreszeiten lehrt Dich diesen Kreislauf. Im Frühling explodiert alles Leben, neues Leben wird geboren, alles findet in seine Kraft. Im Sommer strahlt alles und beginnt Früchte zu tragen. Im Herbst könnt ihr all das ernten, was ihr gesät habt, was ihr ins Leben gebracht habt. Und mit dem Winter enden viele Lebenszyklen, kehren sich nach innen, ruhen in sich. Um dann im Frühling mit neuer Kraft in ein neues Leben zu starten. Gleichzeitig ist der Tod notwendig, damit neues Leben entstehen und wachsen kann. Auch das zeigt Dir die Natur. Würden alte Bäume nicht sterben und Platz machen, könnten die neuen, kraftvollen, jungen Bäume nicht in ihre Kraft kommen und wachsen, weil sie im Schatten nicht genug Licht hätten. Der Mensch ist Teil der Natur, somit ist er auch Teil dieses Kreislaufes.“ schloss Noah.
„Aber woher weiß ich denn, dass auch für meine Großmutter wieder ein Frühling kommt?“ fragte Aurie. „Mit dem Tod endet doch das Leben.“
„Energie geht niemals verloren.“ Noah blickte sie gutmütig an. „Das siehst Du überall in der Schöpfung. Aus allem Leben entsteht etwas Neues. Ein alter Baum stirbt und schafft dadurch die Grundlage für vieles andere. Ein ewiger Kreislauf. Auch davon ist der Mensch nicht ausgenommen. Die Menschen haben sich nur so sehr an die feste Form, auch die ihres Körpers, gewöhnt, dass sie vergessen haben, dass es darüber hinaus noch etwas anderes gibt.“
Aurie dachte über das nach, was Noah ihr gerade erklärt hatte. Sie verstand es noch nicht so recht. „Hast Du ein Beispiel für mich, was Du mit „etwas anderes“ meinst?“ fragte sie.
„Ein einfaches Beispiel, über das wir schon viel gesprochen haben, ist, dass Gedanken Energie sind. Die meisten Menschen können diese Energie nur nicht wahrnehmen. Hellsichtige Menschen können das. Erinnerst Du Dich?“ fragte Noah sie.
Aurie nickte. Das war ihr sehr wohl noch bewusst.
„Es gibt, außer der festen Form, wie zum Beispiel die des eigenen Körpers, eben noch andere Daseins-Formen. Manche Menschen können diese Formen wahrnehmen. Die meisten Menschen aber nicht. Das heißt aber nicht, dass etwas nicht mehr da ist, nur weil es seine feste Form verloren hat. Energie geht niemals verloren.“ wiederholte Noah. „Das ist das Prinzip der Schöpfung.“ Er machte eine kurze Pause.
„Tod heißt eigentlich nur „Auflösung einer Form“. In Deinem Fall jetzt der Tod eines geliebten Menschen, Deiner Großmutter. Tod hat aber noch eine weitere Bedeutung. Tod bedeutet „Verlust“, „Verlust der Form“. Das kann auch ein Gegenstand sein, den Du verlierst und der Dir sehr wichtig war, wie eine Kette, oder bei Erwachsenen der Verlust einer Firma, wenn sie pleite gegangen ist. Tod heißt, dass etwas, über das wir uns definieren oder mit dem wir uns identifizieren, nicht mehr ist. Wenn sich eine Form auflöst, dann besteht die Chance, wieder in Kontakt mit dem All-Einen, der tiefen Liebe zu kommen, die alles verbindet, aus der heraus jede Form entsteht. Es entsteht eine Öffnung. In Verbindung mit dieser Liebe zu kommen, sie in sich zu spüren, das ist die Aufgabe der Menschen.“ Noah blickte Aurie an, um zu prüfen, ob sie ihm noch folgen konnte.
„Tod und Leben sind nicht zu trennen. Tod ist nicht das Gegenteil von Leben, sondern das Gegenteil von Geburt. Leben ist tiefer. Die Essenz des Lebens selbst ist ohne Form, aus ihr heraus entsteht jede Form und in sie kehren alle Formen zurück. Der Tod ist ein Teil des Lebens, wo die Formen sich auflösen.[1] Kinder spielen damit. Sie bauen einen Turm auf, um ihn im nächsten Moment wieder umzustürzen. Kinder erfüllt das mit Freude. Sie spielen mit den Formen. Erwachsene reagieren unter Umständen mit Unmut, da sie die Form sterben sehen, die sie gerade erschaffen haben. Ihnen fällt es schwerer, sich davon wieder zu lösen.“ Noah lachte leise in sich hinein.
„Die westlichen Zivilisationen haben verlernt, mit dem Tod und Verlust umzugehen. Wenn jemand scheitert, fragt ihr nicht, was er daraus gelernt hat. Es wird beschämt nicht darüber gesprochen. Wenn jemand stirbt, dann wird die Leiche des Menschen so schnell wie möglich aus dem Haus gebracht. Der Tod hat keinen Platz im Leben. Wenn ein Kind geboren wird, feiert ihr. Wenn ein Mensch den Übergang von einer Form in die nächste Phase seines Daseins geht, dann feiert ihr nicht. Der Verlust, den ihr persönlich erfahrt, steht über der Freude für den von euch geliebten Menschen.“ Noah schwieg und beobachtete Aurie.
„In meinem Traum war meine Großmutter fröhlich, als sie sich von mir verabschiedet hat. Und ich habe ihr fröhlich hinterher gewunken.“ meinte Aurie nachdenklich.
„Deine Großmutter ist auch nicht mit Schwere, sondern mit Leichtigkeit gegangen. Du hast ihr in den letzten Jahren sehr geholfen, dass die Angst und die Schwere in ihr leichter geworden sind.“ sagte Noah. „Du hast selbst bemerkt, dass der Schatten in ihr durch die Schattenarbeit, die Du gemacht hast, kleiner geworden ist. Du hast sie mit Deiner Liebe an ihr eigenes Strahlen erinnert. Das hat sie jetzt in ihrem Übergang gestärkt.“
„Meinst Du?“ fragte Aurie.
„Hast Du mich jemals etwas sagen hören, das ich nicht so gemeint habe?“ erwiderte Noah zwinkernd.
„Ich kann mich nicht mehr erinnern, was sie mir im Traum gesagt hat. Sie hat mir gesagt, ich darf es nicht vergessen. Und nun habe ich es schon vergessen.“ sagte Aurie bedrückt.
„Was ist das Wichtigste, was Du von Deiner Großmutter gelernt hast?“ fragte sie Noah.
Aurie legte den Kopf schräg und dachte nach.
„Sie hat mir beigebracht, dass jeder Tag sich lohnt, zu leben, auch wenn es manchmal Schwierigkeiten gibt. Sie hat mich gelehrt dankbar zu sein für das, was ich habe. Sie hat mich gelehrt, jedem Menschen offen zu begegnen. Sie hat immer in mir meine Stärken gesehen und an mich geglaubt. Sie hat nie in Frage gestellt, wie ich die Welt sehe. Sie hat mir beigebracht, zu beten und in Verbindung mit meinem Schutzengel zu treten. Und sie hat immer mit mir gesungen. Das hat mir auch in schwierigen Phasen immer geholfen.“ Aurie kullerten wieder Tränen über die Wangen. Diesmal aber vor Dankbarkeit. Denn ihr wurde bewusst, was ihre Großmutter ihr mit all dem für ihr Leben geschenkt hatte.
„Siehst Du, Du hast es nicht vergessen, was sie Dir erzählt hat. Es ist ganz tief in Dir verankert.“ Noah lächelte sie an.
Aurie staunte.
„Bei jedem Verlust, bei jedem Tod, stell Dir die Frage: was habe ich von dieser Person, aus dieser Situation gelernt? Für was war es wertvoll? Wenn Du Dir das bewusst machst, hilft es Dir auf Deinem weiteren Lebensweg. Und es ehrt die Person, die gestorben ist. Die Essenz ihres Lebens wird dadurch gesegnet.“ erklärte Noah weiter.
Aurie dachte an all das, was sie von ihrer Großmutter gelernt hatte und sie spürte dabei einen tiefen Frieden und große Dankbarkeit in ihrem Herzen. Vor allem aber konnte sie die tiefe Liebe ihrer Großmutter in diesem Moment spüren. Ihr war, als würde sie in diesem Moment neben ihr stehen. Sie konnte sie aber nicht sehen, wenn sie sich umsah.
„Noah, ich habe das Gefühl, dass meine Großmutter bei uns steht. Aber ich kann sie nicht sehen.“
Noah nickte.
„Deine Großmutter hat die Form, ihren Körper verlassen. Aber die Essenz ihres Seins ist vom Tod unberührt. Selbstverständlich kannst Du sie weiter wahrnehmen. Jeder Mensch ist ein Ausdruck des Lebens, ist das Leben. Wie kannst Du etwas verlieren, was Du selbst bist? Das ist unmöglich.“[2] erklärte Noah weiter.
Das leuchtete Aurie ein. Auch, wenn sie sich noch daran gewöhnen musste, ihre Großmutter nur auf dieser Ebene wahrzunehmen. Ein Teil in ihr suchte immer noch nach der Form im außen.
„Das ist normal, Aurie. Schließlich hast Du Dich an diese Form gewöhnt.“ beruhigte sie Noah.
Aurie tat es gut, die Liebe ihrer Großmutter so intensiv in sich zu spüren. Sogar nach ihrem Tod konnte ihre Großmutter sie also doch noch trösten. Aurie seufzte tief und dankbar.
„Du musst Dich nicht verabschieden, Aurie. Die Verbindung zu Deiner Großmutter wird weiter bestehen. Ihr habt sie intensiv gewoben in all den Jahren. Und so, wie Du um meine Unterstützung und Hilfe bittest, kannst Du jetzt auch um die Unterstützung und den Rat Deiner Großmutter bitten. Sie wird da sein. Die Antwort wird Dich finden.“ sprach Noah sanft weiter. „Alle schönen Erfahrungen, alle Stärken Deiner Großmutter leben in Dir weiter. Und für alles, was Du noch an Schwere, an ungelösten Schatten, an Schwächen wahrnimmst, leuchte mit Deinem Herzen und Deiner Liebe. Erinnerst Du Dich an die Übung, die ich Dir dazu gegeben habe?“ fragte sie Noah.
Aurie nickte. „Kannst Du sie mir trotzdem nochmal sagen?“ bat sie. „Es hilft mir, wenn Du mir die Dinge öfter erklärst.
Noah lächelte. „Dann machen wir die Übung nochmal. Und ich zeige Dir, wie Du Deine Großmutter in ihrem Übergang unterstützen kannst. Rituale sind sehr wichtig, um Übergänge im Leben zu begleiten. Bereit?“
Aurie nickte.
„Ziehe Dein Licht-Ei um Dich, Aurie, wie ich es Dir beigebracht habe. Achte darauf, dass es Dich ganz umschließt und Du ganz im Licht geborgen bist. Mach Dir mit jedem Atemzug bewusst, dass Du vollständig darin geborgen und beschützt bist. Alles Liebevolle kann bis in Dein Herz dringen, alles Schwere und Negative prallt an Deiner Lichthülle ab. Fülle Dein Licht-Ei mit jedem Atemzug mehr und mehr mit Licht. Sammle das Licht in Dir, wie eine unendliche Sonne. Und mit jedem Ausatmen, lass das Licht zu Deiner Großmutter fließen, wie die Sonne, die ihre wärmenden Strahlen schickt. Fühle den Frieden in Dir. Leuchte mit Deinem Licht, leuchte in ihr Herz. So fällt es ihr leichter, in die Einheit mit der ewigen Liebe zurückzukehren. Das ist das Gesetz. Alles will ins Licht gebracht werden. Schenke ihr Deine Liebe, leuchte mit Deinem Licht in ihr Herz. Bedanke Dich für das, was sie für Dich getan hat und was Deinem Weg hier auf der Erde geholfen hat. Sie darf jetzt weitergehen. Sie hat ihre Erfahrungen gemacht. Du darfst Deine eigenen Erfahrungen machen. Dabei wird Dir helfen, was Du von ihr gelernt hast. Lege eine Hand auf Dein Herz und schick ihr Deine Liebe.“
Aurie spürte, wie sich die Liebe in ihrem Herzen ausdehnte. Und sie konnte die Liebe ihrer Großmutter noch intensiver spüren. Sie verstand, was Noah damit gemeint hatte, dass sie eine intensive Verbindung mit ihrer Großmutter hatte.
„Auch über den Tod hinaus, bleibt die Verbindung bestehen, solange Du Dich dafür offenhältst und immer wieder in Verbindung gehst.“ sagte Noah. „Um in Verbindung zu bleiben, ist es jetzt auch wichtig, dass Du über Deine Gefühle sprichst, Aurie.“ mahnte sie Noah. „Schließ sie nicht in Dir ein, lass sie da sein. Sitze mit ihnen, spür sie in Dir. Lass sie aber auch wieder gehen, wenn sie lange genug da waren. Einen Sturm lässt Du ja auch vorbeiziehen und hältst ihn nicht fest.“ Noah zwinkerte ihr zu. „Frage Dich: Was brauche ich jetzt? Was tut mir gut? Dann kannst Du gut für Dich sorgen und die Trauer darf da sein.“
Das war gut, dass Noah das nochmal sagte. Sie wollte ihrer Mutter am Morgen nicht davon erzählen, wie traurig sie war, da diese ja selbst so traurig gewesen war.
„Du musst Deine Gefühle nicht zurückhalten, nur weil Du die der anderen spüren kannst, Aurie.“ erinnerte sie Noah nochmal liebevoll. „Deine Gefühle dürfen genauso sein und ihren Raum haben. Es ist auch wichtig, gemeinsam darüber zu sprechen und herauszufinden, wie ihr damit umgeht. Wenn ihr die Trauer teilt, ist es leichter. Du gibst den anderen so auch die Chance, für Dich da zu sein und in Verbindung mit Dir zu sein. Wenn Du Deine Gefühle unterdrückst, gehst Du aus der Verbindung mit Dir selbst und mit anderen. Erinnere Dich, was ich Dir über die Bedeutung der Verbundenheit beigebracht habe.“
Aurie erinnerte sich sehr gut daran. Sie war dankbar, dass er das nochmal ansprach. Sich auf ihren Herzschlag und ihren inneren Körper zu konzentrieren, würde ihr sicher auch helfen, ihre Großmutter in sich zu spüren, wenn sie Sehnsucht nach ihr hatte.
„Und wann immer Du das Gefühl hast, dass Dir alte Schatten begegnen, denk auch daran, dass Du weiter Schattenarbeit machen kannst. Denk an das Ho’oponopono. Wenn jemand gestorben ist, ist es wichtig, dass Du das im Hinterkopf behältst. Denn auch das Loslösen von der Vergangenheit hilft im Übergang.“ schloss Noah. Nach einer kurzen Pause ergänzte er: „Sprecht darüber, welche Rituale für Euch jetzt hilfreich sind, um den Übergang Eurer Großmutter zu gestalten. Aber auch, welche Euren eigenen Übergang in diesen neuen Lebensabschnitt, in diese Veränderung erleichtern.“
„Ich möchte gerne mit meinen Eltern darüber sprechen, wofür ich meiner Großmutter dankbar bin. Was ich von ihr gelernt habe. Warum sie mir wichtig war. Und ich möchte gerne über schöne Erlebnisse mit ihr sprechen.“ antwortete Aurie.
Noah nickte bestärkend.
„So, Aurie. Jetzt haben wir ganz schön viel besprochen heute.“ er blickte sie gütig an.
Aurie bemerkte, dass jetzt mehr Ruhe in ihr war, aber auch, dass sie ziemlich erschöpft und müde war.
„Ich werde jetzt meine Mama suchen und dann werde ich mich in ihre Arme legen und schlafen.“ sagte Aurie. „Ich möchte festgehalten werden.“
„Das ist eine gute Idee, Aurie. Achte gut auf das, was Du brauchst.“ Noah erhob sich und Aurie spürte, wie seine Liebe ihn umarmte. In tiefer Dankbarkeit, dass er da war, beobachtete Aurie, wie Noah verschwand. Sie stand auf und ging langsam zum Haus zurück.
[1] Tolle, E. (2023). Tod ist nicht das Gegenteil von Leben!
https://www.youtube.com/watch?v=-qHjF1eguGU, gesehen am 06.04.25.
[2] Tolle, E. (2021). Höre genau zu, wenn Du Angst vor dem Tod hast. https://www.youtube.com/watch?v=hRMUxyE5O8A, gesehen 07.04.25
© Sara Hiebl